Yuni Kim (*1984, lebt in Berlin) ist Preisträgerin des IBB-Preises für Photographie 2019. Kims Arbeiten haben die dreiköpfige Jury durch ein hohes Maß an Stringenz und Poesie überzeugt. Sie bewegt sich an den Grenzen des Fotografischen und greift immer wieder auch installativ in den realen Umraum hinein, etwa mit einem Apfel, den sie auf einem Bilderrahmen drapiert – und der scheinbar einen Schatten auf das gerahmte Stillleben darin wirft. Überhaupt sind die Schattenwürfe in mehreren ihrer Fotografien auf den zweiten Blick nicht mit dem zugrundeliegenden Gegenstand in Einklang zu bringen – und so steht das Objekt und sein Abbild gleichsam nebeneinander wie seinerzeit bei Joseph Kosuth.

Kims experimentelle und zeitlose Stillleben zeichnen sich durch einen zurückhaltenden Umgang mit den arrangierten Gläsern, Flaschen, Äpfeln oder Toilettenpapierrollen aus; einmal entdecken wir nur eine kleine Tüte mit dem Trocknungsmittel Silica Gel, das man in den Umverpackungen von technischen Geräten findet und normalerweise gleich anschließend entsorgt. Doch sie lehnt dieses weiße Tütchen auf einem weißen Boden an eine weiße Wand – und verleiht ihm trotz der Marginalisierung durch die Originalgröße auf einem metergroßen Abzug in der ansonsten „leeren“ Komposition eine überraschende, ja radikale Bildwürdigkeit. So dehnt Yuni Kim nicht nur den zwei- in den dreidimensionalen Raum, sondern öffnet auch Gedankenräume – in uns als Betrachter.

Katalog zur Preisverleihung